Breast Health Day 2021 – Bewegungstherapie und Sport bei Krebs
Ein Beitrag von Gabriela Wyler
Wieviel und welche Bewegung darf ich mir während der Krebsbehandlung zumuten bzw. benötige ich? Mache ich Ausdauersport oder laufe ich besser kurze schnelle Sequenzen? Und wieviel Gymnastik darf ich meinem Körper zumuten? Krebspatientinnen merken in der Regel schnell, welcher und wieviel Sport ihnen guttut. Nachfolgend dennoch ein kleiner Leitfaden.
Quelle: Bewegungstherapie und Sport bei Krebs. Leitfaden für die Praxis (Dr. F.T. Baumann/Prof. Dr. K. Schüle, Hrsg.)
Grundsätzliches zur Bewegungstherapie in der Onkologie
Auf der Tatsache basierend, dass die Bewegungstherapie fast immer in der Gruppe stattfindet, ergeben sich Vor- wie auch Nachteile. Auf der einen Seite bietet sich den durch ihre Krankheit oft sozial isolierten Patientinnen die Möglichkeit wieder neue Kontakte zu knüpfen. Ausserdem ist oft eine Art Gruppendynamik zu beobachten, die dazu führt, dass die Patientinnen motivierter am Sport teilnehmen, ein grösseres Selbstbewusstsein entwickeln und somit mehr Vertrauen in ihren eigenen Körper gewinnen. Gleichzeitig muss man darauf achten, dass niemand sich mit der Übungswahl, der Sportart überfordert.
So ist es wichtig, dass man eine Bewegungsart wählt, die einem Freude bereitet.
Allgemeine Bewegungsempfehlungen in der Onkologie
3x pro Woche mind. 30-45 Minuten Bewegung (gegebenenfalls in mehreren Einheiten)
ideal: 1-2x pro Woche Ausdauersport
plus 1x die Woche «Gymnastik» (Koordination, Kraft, Flexibilität etc.)
vermehrte Alltagsbewegungen (Treppensteigen, Spaziergänge, Einkaufsbummel etc.)
nicht überlasten
Allgemeine Empfehlungen zum Ausdauertraining
Grundsätzlich sind für Krebspatientinnen Ausdauersportarten wie Walken, Radfahren und Schwimmen (nicht bei Immunsupression!) sehr empfehlenswert.
Kurz nach der Brustoperation ist jedoch bei Sportarten mit erhöhtem Armeinsatz wie Nordic Walking und Skilanglauf Vorsicht geboten.
Im Hinblick auf ein gesundes Sporttreiben sollte jede Patientin darauf achten, dass der Blutdruck unter Belastung die Grenze von 180/100 nicht überschreitet. Allerdings sind kurzfristige Anstiege nicht zu verhindern und völlig normal. Zu vermeiden ist ein dauerhafter Druck über 180 (systolisch). Bei Thrombozyten unter 50000 sollte der Druck nicht höher als 160/90 sein!
Zu Beginn sollte die Krebspatientin versuchen, mindestens 10 Minuten am Stück zu trainieren. Falls ausschliesslich Ausdauersport durchgeführt wird, ist ein Training mindestens 3x pro Woche, bei einer Dauer von 30-45 Minuten zu empfehlen. Auf dieser Basis sind meist bereits nach 2 Wochen Fortschritte zu beobachten.
Bewegungstherapie und Sport bei Brustkrebs
Erfahrungen im Bereich «Bewegung und Sport mit Brustkrebspatientinnen» bestehen in Deutschland bereits seit über 25 Jahren. Man kann sagen, dass von allen Tumorarten Brustkrebs auf diesem Gebiet am besten erforscht ist.
Die Aktivierung der «Muskelpumpe» durch Kräftigungsübungen sorgt dafür, dass ein bestehendes Lymphödem vermindert wird. Wenn ein Muskel sich zusammenzieht (Kontraktion), drückt er auf Lymphgefässe, die dadurch vermehrt Lymphflüssigkeit absondern. Diesen Mechanismus bezeichnet man als «Muskelpumpe».
Obwohl Langlauf und Nordic Walking lange wegen eines zu hohen Armeinsatzes verboten wurden, sollten ihre Vorteile nicht unterschätzt werden. Aufgrund neuerer Untersuchungen hat sich gezeigt, dass der Einsatz von Stöcken einen zusätzlichen Motivationsfaktor darstellt und bei vorsichtigem Armeinsatz problemlos möglich ist. Durch das Öffnen und Schliessen der Hände, Stöcke fest umfassen und Stock locker nach hinten geführt, loslassen und wieder fassen, wird die Muskelpumpe aktiviert. Mit Nordic Walking sollte aber erst dann begonnen werden, wenn die Operationsnarbe komplett abgeheilt ist. Beim Üben und Trainieren sind grundsätzlich alle Bewegungsrichtungen und ebenso alle sanften, fliessenden sowie rhythmischen Bewegungen mit dem betroffenen Arm zu empfehlen. Das Öffnen und Schliessen der Hände über Kopf regt diese sogenannte Muskelpumpe zur Linderung eines Lymphödems an und sollte in keinen Bewegungseinheiten fehlen.
Die Wassertherapie ist eine wichtige Säule in der Rehabilitation und auch als weiterführende Sportart für Brustkrebspatientinnen geeignet (z.B. Aqua Gym und Aqua Fit). Nahezu alle Schwimmstile und Bewegungen im Wasser sind sehr empfehlenswert. Die Voraussetzung ist auch hier, dass die Wundheilung komplett abgeschlossen (frühestens 6–8 Wochen nach der OP) und das Immunsystem wiederhergestellt sein muss. Ebenso sollte man erst 2-3 Wochen nach der Bestrahlung ins Schwimm- oder Bewegungsbad gehen, wenn die von der Strahlung angegriffene Haut regeneriert ist. Ein leichtes Ziehen im Bereich der Narbe ist normal, wobei starke Schmerzen vermieden werden sollten!
Ausserdem kann das Wasser durch seine hydrostatische Wirkung den lymphatischen Rückfluss fördern. Als optimal gelten Wassertemperaturen zwischen 24-30°C. Bei Thermalbädern über 32°C wird das Herz-Kreislauf-System zusätzlich belastet (Achtung bei Vorliegen eines Herzkreislauf-Schadens). Im Zusammenhang mit den verschiedenen Schwimmstilen ist zunächst das vorsichtige Brustschwimmen zu empfehlen. Gelingt dies komplikations- und schmerzfrei, kann man mit Kraulschwimmen fortfahren.
Nicht empfehlenswerte Bewegungsformen bei Brustkrebs
Es ist schwierig, Bewegungsformen oder Sportarten zu nennen, die auf keinen Fall durchzuführen sind, da der Nutzen und die Freude an der Bewegung gross sind. Zudem regt die Bewegung den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System an, mindert des Fatigue Syndrom und verhindert Bewegungseinschränkungen nach der Operation. Verbesserung bzw. Erhalt der Alltagsbewegungen und allgemeinen Fitness, Stärkung der körpereigenen (Immun-)Abwehr, Reduzierung von Schmerzen und Senkung des Rezidivrisikos (nach Brust- und Darmkrebs) sind weitere positive Aspekte der regelmässigen Bewegung.
Nicht zu unterschätzen sind auch folgende Ziele auf psychischer Ebene: Gewinnung von neuem Selbstvertrauen, Mut sich wieder zu zeigen, Auseinandersetzung mit dem eigenen (neuen) Körper, Akzeptanz des eigenen veränderten Körpers, Verminderung depressiver Situationen und Abbau von Ängsten. Aus diesem Grund: raus aus der sozialen Isolation, Freude und Spass haben, das Gruppenleben geniessen und so weiter 😊!
Nicht empfehlenswert sind Sportarten mit intensivem Körperkontakt und hohem Wettkampfcharakter. Überlastungen und Stürze erhöhen die Verletzungsgefahr, was vor allem bei Osteoporose sehr gefährlich ist.
Lass dich von deinem Onkoteam, den Therapeuten, von den vielen Angeboten, den Freunden beraten und motivieren!