Claudia Altmann-Pospischek
Krebs kennt keine Grenzen: Ein Gastbeitrag von Claudia
(EUROPA DONNA Österreich)
Steckbrief:
Claudia, 44 Jahre, Mitglied EUROPA DONNA Österreich
Diagnose fortgeschrittener Brustkrebs mit Leber-, Knochen- und Bauchfellmetastasen mit 38 Jahren
Aus Wiener Neustadt in Österreich, glücklich verheiratet mit Peter, lebensfrohe, motivierte Bloggerin, mit Liebe zu England, Tee und den Pet Shop Boys.
Photocredit ©: Marina Probst-Eiffe
Der Krebs ist mein Beifahrer
Unheilbar, aber glücklich.
Die Diagnose kam 2013 aus dem Nichts und hat mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in die Leber und in die Knochen gestreut. Das alles ohne genetische Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen; prognostizierte Durchschnittsüberlebenszeit: zwei Jahre. Was folgte, war ein kräftezehrender Therapiemarathon mit Operationen, Chemos, Antihormon- und Antikörpertherapien, Bestrahlungen, Knochenaufbauspritze usw.
Getragen von viel positiver Energie und ausgestattet mit jeder Menge Lebensfreude, Zähigkeit und Optimismus, gelingt es mir, den Krebs nun bereits seit über sieben Jahren im Zaum zu halten, mal besser – mal schlechter. Stets an meiner Seite mein Mann Peter, meine Familie, meine FreundInnen. Wie es weitergeht? Die Zukunft wird es zeigen. Im Moment stellen die kürzlich diagnostizierten Bauchfell-Metastasen mein Hauptproblem dar. Ich bin unter Dauertherapie – sämtliche Nebenwirkungen inklusive – bis zum allerletzten Tag. Dabei will ich doch nur eines: nämlich leben; und das möglichst lange.
Metastasen als grosse Hürde im Leben
Von einer fortgeschrittenen Erkrankung spricht man dann, wenn der Krebs bereits «gestreut hat», d. h., wenn er irgendwo im Körper Absiedlungen gebildet hat. Damit ist in der Regel der Status «unheilbar» verbunden – ich bevorzuge allerdings den Terminus «chronisch krank».
Was unterscheidet eine metastasierte Erkrankung von einer nicht metastasierten Erkrankung?
Metastasierte Frauen …
leiden unter einer chronischen, unheilbaren Krankheit
können nie wieder in ihr altes Leben einsteigen
brauchen Dauertherapie müssen mit fortwährenden Nebenwirkungen und Schmerzen zurechtkommen
tragen eine enorme psychische Belastung
können in den meisten Fällen nicht mehr arbeiten
müssen anhaltende finanzielle Einschnitte hinnehmen
sind gezwungen, ihre (familiären) Lebensträume einzuschränken/aufzugeben
stellen ihre Familie und ihr Umfeld vor große Herausforderungen
sind plötzlich mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert
All diese Punkte machen den Rucksack, den man von einem auf den anderen Tag ungewollt umgeschnallt bekommt, äußerst schwer. Doch es bringt nichts, heute daran zu denken, was morgen möglicherweise eintreten könnte. Es gilt, das Leben in vollen Zügen zu genießen – getreu meinem Motto: «Every day is an adventure!» Und das mache ich – mit zahlreichen Reisen, Konzertbesuchen, Treffen und allem, was mir sonst noch Spaß macht. Aber natürlich habe ich auch dunkle Tage, was angesichts dieser Krankengeschichte wenig verwundert. Ich kann nicht immer nur lächeln. Es gibt sie – diese Heultage, diese «Ich seh‘ keinen Sonnenstrahl am Himmel»-Zeiten.
Gesicht und Stimme einer Krankheit
BEWUSSTSEIN SCHAFFEN: Bitte tragt den Brustkrebsgedanken hinaus in die Welt!
VORSORGE BETREIBEN: Bitte geht regelmäßig zur Vorsorge!
SOLIDARITÄT LEBEN: Bitte zeigt Euch solidarisch mit PatientInnen!
Im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass ich meinen Fokus auf Brustkrebsaktivitäten richten möchte. Dafür brenne ich. Ich will aus meiner Krankheit das Beste machen, möchte Brustkrebsbotschafterin sein, zur Vorsorge aufrufen und Solidarität mit Betroffenen einfordern. Ich liebe es, meine Erfahrung weiterzugeben, Pink Ribbon-Aktionen zu unterstützen und als PatientInnenvertreterin internationale Kongresse zu besuchen. Denn: Es ist ein Privileg, helfen zu können.
Damit einher geht die Arbeit an meinem «Sprachrohr» – meinem Blog «Claudias Cancer Challenge» – sowie an meinem Buch (Arbeitstitel: «Unheilbar, aber glücklich»). Schreiben ist für mich Teil des Verarbeitungsprozesses. Ich möchte meinen Blickwinkel und meine Tipps an Betroffene und Angehörige weitergeben, sowie ein Gesicht und eine Stimme einer Krankheit sein. Dass mir auf Facebook und Instagram bereits über 15.000 Menschen folgen, freut mich immens. All das ist der Motor, der mich am Laufen hält.
Mit meinem Blog …
porträtiere ich mein Leben als metastasierte Brustkrebspatientin (Krankenhaustermine, Therapien …)
schreibe ich über meine Gedanken, Ängste & Wünsche
informiere ich über die Krankheit
rufe ich zur Vorsorgeuntersuchung auf
organisiere ich Veranstaltungen (Stronger together, Fotoshootings, Flashmob …)
gewähre ich private Einblicke (Reisen, Konzertbesuche …)
biete ich PatientInnen, Angehörigen und Interessierten eine Plattform.
Facebook: www.facebook.com/claudiascancerchallenge
Instagram: @claudiascancerchallenge
Meta Ribbon & Meta Mädels Meetings
Mein ganzer Stolz sind die neuen glänzenden, dreifarbigen Meta-Ribbons, welche den verschiedenen Dimensionen der Krankheit Sichtbarkeit verleihen: Das helle Rosa steht dabei für die Ersterkrankung, der mittlere Farbton für das Rezidiv und die dunkle Nuance für das metastasierte Setting.
Gerade metastasierte PatientInnen haben oft das Gefühl, mit ihrem Schicksal allein auf weiter Flur zu sein. Aus diesem Grund habe ich gemeinsam mit der Österreichischen Krebshilfe die Meta Mädels Meetings ins Leben gerufen – Treffen metastasierter PatientInnen, welche hervorragend angelaufen sind. Der Austausch mit Betroffenen ist ungemein wichtig: Man muss nicht lange erklären – das Gegenüber versteht; außerdem gibt es medizinische Unterstützung durch einen versierten Onkologen.
Wer sich online austauschen möchte, dem seien außerdem die Facebook-Gruppen «Brustkrebs Österreich» und «Metastasierter Brustkrebs Österreich» ans Herz gelegt. PatientInnen werden von diesem Netzwerk profitieren – in Form von jeder Menge Information, großem Schwarmwissen und einem warmen Gemeinschaftsgefühl.
Mutmachstrategie für ein Leben mit Krebs
In all den Jahren habe ich mir meine eigene Mutmachstrategie erarbeitet.
So sieht meine 10-Punkte-Mutmachstrategie aus:
Setz Dir Fixsterne (Urlaube, Konzerte …) auf Deiner Lichterkette des Lebens
Akzeptiere Deine Krankheit und lebe mit ihr als «Beifahrer»
Lass Dich in Dein soziales Netz aus Familie und FreundInnen fallen
Finde eine/n kompetente/n und empathische/n Onkologen/-in Deines Vertrauens
Nimm psychologische Hilfe in Anspruch
Suche Dir eine Aufgabe, die Dein Herz erfüllt (Arbeit, Hobby …)
Konzentriere Dich auf Deine Bedürfnisse und gehe Deinen Weg
Versuche das Positive in all dem Negativen zu erkennen
Informiere Dich über Deine Krankheit und alle Behandlungsmöglichkeiten
Sei aktiv und lebe im Hier und im Jetzt
Tipps für Betroffene
Betroffenen möchte ich mitgeben, alles daran zu setzen, mündige PatientInnen zu sein. Sie sollten sich über ihre Krebsform und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten informieren und sich eine/n kompetente/n und empathische/n Onkologen/-in suchen. Aktive Entscheidungen zu treffen und nicht alles nur über sich ergehen zu lassen, gibt einem das gute Gefühl, Kapitän/in des eigenen Bootes zu sein. Zudem würde ich zu einer professionellen psychoonkologischen Unterstützung raten. Angst, Traurigkeit und Hilflosigkeit sind Gefühle, die ebenfalls Raum brauchen. Es ist keine Schande, sich das einzugestehen – ganz im Gegenteil: Es zeugt von Reflektiertheit. Hier kann ich aus eigener Erfahrung die Krebshilfe mit einer Bandbreite an Gratis-Angeboten empfehlen.
In den vergangenen sieben Jahren gab es zahlreiche Hochs und Tiefs, gute und schlechte Untersuchungsbefunde, inspirierende Begegnungen und interessante Erkenntnisse; aber auch schlimme Schockerlebnisse und niederschmetternde Diagnosen. Das Leben mit Krebs ist wie eine Achterbahnfahrt. Ich habe gelernt, das Positive in all dem Negativen zu erkennen; mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren; den Augenblick zu genießen.