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Patient Advocate & Teilnehmerin Tavola Rosa Bern (Stammtisch für Frauen mit Brustkrebs)

 

Steckbrief

  • Ines, *1966, Kanton Bern, verheiratet, 2 Kinder (2005/2007)

  • Sprachen: deutsch, englisch, französisch, portugiesisch, italienisch

  • Erstdiagnose 1/2019 Triple negatives Mammakarzinom rechts

  • Therapie: Chemotherapie, Operation, Bestrahlung

  • Offen für Fragen & Austausch -> Kontaktiere EUROPA DONNA


Mitten im Leben

Im September 2018 hatte ich eine Mammographie. Für mich eine Routineuntersuchung und somit nicht weiter beängstigend. Wie nicht anders erwartet, erhielt ich den Bescheid, dass alles in Ordnung sei. Seit kurzem nahm ich Oestrogel wegen Wechseljahrbeschwerden. Im Dezember spürte ich eines Abends beim zu Bett gehen einen Knoten in meiner rechten Brust.

«Komisch» dachte ich, machte mir aber keine grossen Sorgen, da eine Freundin von mir dauernd Zysten in der Brust hat. Ich ging zur Gynäkologin und die bestätigte, dass es sich um eine Zyste handle, gab mir aber zur Sicherheit einen Nachfolgetermin. Eine Woche später ging ich hin, sie machte erneut einen Ultraschall und bestätige, dass es eine Zyste sei, ich solle in 3 Monaten wiederkommen. Ich entschloss mich aber, das Oestrogel nicht mehr zu nehmen, da ich schon früher mit der Hormonspirale an Eierstockzysten gelitten hatte.

Eine leise Vorahnung

Regelmässig kontrollierte ich meinen Knoten resp. die Zyste in der Hoffnung, dass er wieder verschwinden würde. Vergeblich. Ich hatte sogar das Gefühl, dass er wächst und beriet mich bei einer Freundin, welche mir zu einer Zweitmeinung riet. Diese holte ich dann im Januar an einem Mittwoch ein. Ich schilderte dem Gynäkologen meinen Fall und er machte ein Ultraschall. Er meinte dann, das sehe anders aus als das, was ich beschreibe, am besten mache er gleich eine Biopsie, auch wenn es nicht bösartig aussehe. Am Freitag würde ich Bescheid erhalten. Ich entgegnete, der Knoten müsse raus, auch wenn er nicht bösartig sei, er stört mich! Dann soll ich doch am Montag vorbeikommen und wir besprechen es.

Am Freitag erhielt ich keinen Anruf, ich überlegte, ob ich mich melden sollte. Am Montag arbeitete mein Mann von zu Hause aus. Ich hatte so ein komisches Gefühl und dachte mir, was wenn…? Ich fragte meinen Mann, ob er mitkommen würde; er meinte, ich solle doch anrufen, ob es nötig sei. Als ich anrief und dies fragte, war die Antwort ja, es wäre gut, wenn er mitkäme!

Diagnose und Beginn der Chemotherapie

Ich wusste, dass ich Krebs hatte, ohne dass es jemand ausgesprochen hatte. Ich war in einem Schockzustand. Der Gynäkologe informierte uns, dass nun am Tumorbord besprochen werde, welches die beste Therapie für mich sei. Ich hätte einen Triple negativ, eine sehr aggressive Krebsart. Ich müsse nun meine Kinder einweihen, da ich meine Haare verlieren würde… vieles wurde gesagt, kam aber nicht bei mir an, zum Glück war mein Mann dabei, der doch etwas aufnahmefähiger war als ich.

Danach ging alles ganz schnell, der Rest der Woche war gefüllt mit Untersuchungen wie PET, Herzuntersuchung, aber auch Gespräche mit dem Onkologen. Am Dienstag der Woche darauf hatte ich meine erste Chemotherapie und es folgten viele. Die ersten vier alle zwei Wochen, danach wöchentlich. Ich versuchte während den ersten vier Chemos, jede zweite Woche arbeiten zu gehen. Ich hatte den Vorteil, dass ich es mir selber einteilen konnte, da ich selbständig arbeite. Die Arbeit, aus dem Haus, andere Menschen sehen, war für mich die beste Therapie, hiess es doch am normalen Leben teilzunehmen. An den Tagen, an welchen ich arbeitete, kam ich abends jeweils völlig aufgestellt nach Hause.


Ich versuchte während den ersten vier Chemos, jede zweite Woche arbeiten zu gehen. An den Tagen, an welchen ich arbeitete, kam ich abends jeweils völlig aufgestellt nach Hause.

Nebenwirkungen

In der Woche, in welcher ich die Chemo hatte, war ich sehr müde und kraftlos, ich setzte mir jeweils Ziele wie: um 10h ziehst du dich an, häufig klappte es nicht und ich musste mir eine weitere Zeit setzen. Dann zwang ich mich auch, täglich mit meinem Hund spazieren zu gehen; die Bewegung tat mir gut, nur war es jeweils ein Kampf, bis ich es geschafft hatte loszugehen. In der zweiten Woche ging es jeweils besser. Meine Haare verlor ich nach der 3. Chemo. Mein Geschmackssinn veränderte sich, Süsses schmeckte schrecklich, sogar beste Schokolade. Salziges und Saures schmeckte einigermassen.

Ein weiteres Problem war das Trinken, es wurde empfohlen, mindestens 2 Liter täglich zu trinken… ich schaffte es einfach nicht, nach 3 Schlucken ging nichts mehr runter. Leitungswasser fühlte sich an wie Schleim. Kokosmilch, Apfelsaft, Milch, Tee, Kaffee… nichts schmeckte! Ich versuchte, mich zu zwingen, es ging einfach nicht. Zwischendurch fragte ich beim Arzt, wenn ich zur Blutuntersuchung musste, ob sie mir nicht eine Infusion anhängen könnten, weil ich es einfach nicht schaffte. Zweimal waren sie dazu bereit. Trotz aller Bemühungen, zu genügend Flüssigkeit zu kommen, klappte ich eines Morgens zusammen und wurde mit der Ambulanz ins Spital gefahren. Der Grund war Flüssigkeitsmangel.

Bereits nach der 4. Chemotherapie war der Knoten in meiner Brust nicht mehr tastbar. Bei der wöchentlichen Chemo ging es mir körperlich besser. Als die Chemo vorbei war, folgte die Operation: Ein Klipp war auf den Tumor gesetzt worden, nun wurden dieser, das umliegende Gewebe und ein Lymphknoten entfernt. Man fand keine Krebszellen mehr. Nach ca. 5 Wochen folgte die 6-wöchige Bestrahlung, jeweils von Montag bis Freitag. Sie war weder ermüdend noch schmerzhaft.

Simply the Breast – Patientinnenkongress 2019

Während meiner Therapie lernte ich EUROPA DONNA kennen. Eine 85-jährige Freundin hatte in einer Zeitschrift die Werbung für Simply the Breast – einem Kongress für Brustkrebspatientinnen in Bern – gesehen und teilte mir dies mit. Es war sehr kurzfristig und schwierig, noch an Karten zu kommen. Endlich gelang es mir nach mehreren Telefonaten doch noch Karten zu bekommen. Nach meiner Begeisterung für den Kongress verliess mich plötzlich der Mut, ich hatte Bedenken, hin zu gehen. Meine Freundin begleitete mich zum Glück, ich weiss nicht ob ich sonst den Mut gehabt hätte. Ich war überrascht wie viele Frauen und sogar einige Männer dort waren. Beim Mittagessen kam man mit einigen ins Gespräch und erfuhr, wie unterschiedlich jeder mit der Krankheit umgeht.


Ich sass im Publikum und dachte: da würde ich gerne dazugehören! Während des Kongresses spürte ich eine unheimlich positive Kraft und einen grossen internen Zusammenhalt der Mitwirkenden von EUROPA DONNA.
— Ines, Teilnehmerin Patientinnenkongress «Simply the Breast»

Ich sass im Publikum und dachte: da würde ich gerne dazugehören! Ich wurde Mitglied bei EUROPA DONNA und nahm im November 2019 an einen European Breast Cancer Advocacy Training Course in Mailand Teil. Dort lernte ich aus ganz Europa betroffene engagierte Frauen kennen, die sich dafür einsetzen, dass jede Frau die bestmögliche Vorsorgeuntersuchung und Therapie erhält, was leider noch in vielen Ländern nicht der Fall ist und noch viel Arbeit benötigt.

Mit meiner Krebserkrankung fühlte ich mich aus der Bahn geworfen, hatte Ängste, die ich mal besser, mal weniger gut verdrängen konnte. Zum Teil hatte ich auch das Gefühl, nicht mehr so richtig zu den Gesunden dazu zu gehören. Bei EUROPA DONNA fand ich Frauen, die mich verstehen und meine Gedanken teilen. Ich schätze den Austausch mit ihnen und ihre aufgestellte Art, das Leben anzunehmen und positiv in die Zukunft zu schauen. Ein grosses Dankeschön an euch!

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Christina Zürcher

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Julia Curty